Die Fachgruppe Ingenieurbüros der WKO Wien hat einen Ideenwettbewerb zur Gestaltung des Vorplatzes des Hauses der Wiener Wirtschaft veranstaltet. Das von der namhaften Jury gekürte Siegerprojekt kommt von dem Ingenieurbüro 3:0 Landschaftsarchitektur.

Im April 2019 stellte die Wirtschaftskammer Wien das neue „Haus der Wiener Wirtschaft“ am Praterstern im Bereich der „Straße der Wiener Wirtschaft“ beziehungsweise dem „Anitta-Müller-Cohen-Platz“ fertig. Im Zuge des Erstbezugs des neuen Bürogebäudes hat sich gezeigt, dass das direkte Umfeld eine mäßige, wenn nicht sogar mangelhafte Aufenthaltsqualität aufweist. „Es hat den Anschein, dass auf den Freiraumbereich zwischen der U-Bahn und dem Eingang in das Haus der Wirtschaft vergessen wurde“, kritisiert der Fachgruppenobmann der Ingenieurbüros, Roman Weigl, die in Folge gänzlich „ungestaltete Betonwüste“. Scheinbar hat sich im Zuge der Planung und Umsetzung des Gebäudes niemand, weder die Planer*innen, noch die WKO oder die Eigentümerin Stadt Wien, über eine fachplanerische Gestaltung des Freiraumes Gedanken gemacht. Entgegen der zeitgemäßen Gebräuchlichkeit wurde ausschließlich an der Fertigstellung der Gebäude gearbeitet, ohne das nahe Umfeld durch landschaftsplanerische Fachkompetenz auf die späteren Nutzungen vorzubereiten. „Dabei hätte sich gerade dieser Freiraum ein besonderes architektonisches Engagement verdient, schließlich handelt es sich nicht nur um den Zugang zu unserem Haus, sondern auch zum gesamten Bank Austria Areal“, ergänzt der Fachgruppenobmann. „Der Gebäudevorplatz stellt einen wichtigen Aufenthaltsraum für WKO Mitarbeiter*innen, die Mitglieder der Wiener Wirtschaft und für Besucher*innen dar“. Derzeit findet man eine unattraktive, betonierte beziehungsweise gepflasterte Fläche vor, in die offensichtlich keine Investitionen zur Aufwertung und Nutzbarmachung getätigt wurden. Es finden sich weder Sitzgelegenheiten, noch Beschattungsmaßnahmen oder Pflanzen, was in den Sommermonaten den Aufenthalt unmöglich und das Passieren unangenehm macht.

Die Fachgruppe Ingenieurbüros der WKO Wien, die auch die zuständige Vertretung der als Ingenieurbüros freiberuflich tätigen Landschaftsarchitekt*innen ist, hat daher die Initiative ergriffen und einen Ideenwettbewerb zur Gestaltung und Attraktivierung des Vorplatzes des Hauses der Wiener Wirtschaft ausgelobt. Ziel des Bewerbs war es, Gestaltungspotentiale aufzuzeigen sowie umsetzungsfähige und klimafitte Lösungsvorschläge auszuarbeiten. Vor allem aber wollte man als Berufsvertretung auch die Leistungen des Gewerbes der Ingenieurbüros mit dem Fachgebiet Landschaftsplanung und Landschaftsarchitektur für die Öffentlichkeit sichtbarer machen. Doch, und das war von Anfang an klar, der Platz ist im Besitz der Stadt Wien und auch die ÖBB hat auf Grund des angrenzenden Bahnareals Liegenschaftsrechte. Dennoch hat man in einem Ideenwettbewerb die Change gesehen, Potentiale aufzuzeigen und womöglich sogar Veränderungen unter Mithilfe der Mitgliedergruppe der Landschaftsarchitekt*innen zu starten.

Der Ideenwettbewerb
Eine siebenköpfige Jury aus vier Fach- und drei Sachpreisrichter*innen entschied Ende Juni über die sieben geladenen Einreichungen. In der Fachjury waren neben der Vorsitzenden Maria Auböck (Auböck Kárász Landscape Architects) noch drei weitere Landschaftsarchitekt*innen, Katja Simma (SimZim Landschaftsarchitektur), Erik Meinharter (Plansinn Planung & Kommunikation) und Roland Tusch (Institut für Landschaftsarchitektur, Universität für Bodenkultur), vertreten. Mit dieser geballten Fachkompetenz wurde ein Siegerprojekt gekürt, das mit einer attraktiven und zeitgemäßen Gestaltung nicht nur den Nutzungsanforderungen eines Vorplatzes entspricht, sondern sich auch sinnvoll in das weitere, im Wandel befindliche Umfeldes einfügt. „Die geladenen Büros haben durchwegs hervorragende Projekte abgeliefert, die Aufgabenstellung wurde mit mannigfaltigen Vorschlägen gelöst“, so die Juryvorsitzende Maria Auböck nach der Preisverleihung am 1.7.2021, bei der die drei erstgereihten Büros mit Urkunden und einem Preisgeld im Gesamtwert von 6.000 Euro ausgezeichnet wurden. Auch wenn die Wahl schwergefallen ist, gewonnen hat schlussendlich doch ein Projekt und zwar jenes von 3:0 Landschaftsarchitektur. Dieses versucht einen Wandel „von der Steinwüste zum lebendigen Platz“ einzuleiten und sieht dafür attraktive Pflanzinseln vor. Mit dem Schwammstadtprinzip, eine der Kernkompetenzen dieses Wiener Ingenieurbüros, bringen die Landschaftsarchitekten von 3:0 ein besonders klimataugliches Konzept in den Entwurf ein.

„Die drei Siegerprojekte brachten allesamt realisierungsnahe Ergebnisse. Doch in der Leistbarkeit haben sich die Einreichungen deutlich unterschieden“, erzählt Auböck und spielt damit auf den mitentscheidenden Faktor der Umsetzbarkeit an. Schließlich handelt es sich bei der Ausschreibung um einen Ideen-Wettbewerb, die Umsetzung der abgefragten Ideen obliegt wie eingangs beschrieben der Grundeigentümerin der betroffenen Liegenschaft. Realitätsfremde oder außergewöhnlich kostspielige Entwürfe wären vermutlich dem Entwicklungsprozess wenig dienlich. Auch wenn der bei der Preisverleihung anwesende Bezirksvorsteher der Leopoldstadt, Alexander Nikolai, eine Realisierung in Aussicht gestellt hat, ob und wann diese erfolgen wird ist nach wie vor ungewiss. Denn Vertreter*innen der Stadtverwaltung sind ob des soeben neu aufgebrachten Plattenbelags verständlicherweise zurückhaltend, was grundlegend neue Gestaltungen und aufwändige Umbautätigkeiten betrifft.

Auch wenn im Falle einer Realisierung Umbauarbeiten des soeben errichteten Vorplatzbelags erforderlich werden, das Siegerprojekt von 3:0 Landschaftsarchitektur zeigt, dass auf dem Vorplatz auch mit dem vorhandenen, im Zuge des Hausbaus angebrachten Plattenbelag eine qualitätsvolle und ökologisch wertvolle Gestaltung vorgenommen werden kann. Das könnte auch das ausschlaggebende Kriterium für den Zuschlag der Jury gewesen sein. Doch natürlich hat der Entwurf von 3:0 vorallem auch gestalterisch und funktional überzeugt. Denn auf der neu gestalteten Ebene bleibt trotz Bäumen und Mobiliar reichlich Platz für Veranstaltungen, Märkte, Sportevents, Präsentationen und vieles mehr. Es wurde eine stadträumliche Bühne geschaffen, die gewünschte Funktionen der WKO ebenso berücksichtigt, wie die Anforderungen der Umgebung. Sitzgelegenheiten, Beschattungszonen durch natürliche Bepflanzung, abwechslungsreiche Oberflächengestaltungen und die Integration von Wasser, das alles hat zur erfolgreichen Erstplatzierung geführt.

Nächste Schritte
Rechtlich ist der Ideenwettbewerb mit der Preisverleihung abgeschlossen. Doch die WKO hat bereits während des Wettbewerbs Vertreter*innen der Stadt und des Bezirks eingebunden und das Interesse wurde, nicht zuletzt auf Grund der hochwertigen Entwürfe, zunehmend größer. „Die WKO wird sich auch weiterhin für eine Verbesserung der Situation am Vorplatz einsetzen“, sagt Roman Weigl und stellt nicht nur fachliche Hilfe in Aussicht. „Wir werden nicht nur notwendige politische Schritte vorantreiben, sondern auch versuchen die Stadt nach unseren Möglichkeiten zu unterstützen und uns finanziell zu beteiligen. Schließlich haben wir alle gleichermaßen – die Stadt, der Bezirk, die WKO – großes Interesse an einer Aufwertung des Platzes.“ Alle bisher Beteiligten, so der Initiator des Wettbewerbsidee, wären bereits jetzt bereit weitere Gespräche zu führen.

Nun wurden durch den Wettbewerb Ideen gesammelt, die vermutlich nicht alle oder zumindest nicht alle gleichzeitig umgesetzt werden können. „Ich könnte mir eine etappenweise Realisierung vorstellen, um uns schrittweise den guten Lösungen zu nähern“, ergänz Weigl abschließend. Ob es zu einer Umsetzung kommen wird bleibt vorerst noch offen. Eines hat der Wettbewerb jedenfalls schon jetzt deutlich gezeigt: Die Planungsqualität der Wiener Landschaftsarchitekturbüros ist enorm hoch. „Was hier geliefert wurde ist höchstwertig und zeigt, dass sich in der heimischen Landschaftsarchitektur Szene in den vergangenen Jahrzehnten enorm viel getan hat“, ist Maria Auböck vom Büro Auböck Kárász begeistert. „Wünschenswert wäre allerdings, wenn es derartige Wettbewerbe zur Weiterentwicklung von öffentlichen Plätzen in Wien häufiger gäbe. Denn gerade in der Bundeshauptstadt wären Nachbesserung in der Platz- oder Vorplatzgestaltung an vielen Stellen notwendig“.

Die Siegerprojekte:

1. Preis: 3:0 Landschaftsarchitektur Gachowetz-Luger-Zimmermann OG (Preisgeld 3.000,-)

2. Preis: DI Maria Elisabeth Rief (Preisgeld 2.000,-)

3. Preis: DI Joachim Peter Kräftner (Preisgeld 1.000,-)

Weitere Beiträge zum Ideenwettbewerb:
YEWO Landscapes GmbH
DI Doris Haidvogl 
Lindle Bukor OG
zwoPK Landschaftsarchitektur Rode Schier Wagner OG