Die 2019 im Gemeinderat beschlossene Klimastrategie der Stadt Linz umfasst als zentralen Bestandteil eine innerstädtische Baumpflanzungsoffensive. Innerhalb von 10 Jahren sollen 1000 Bäume im versiegelten Stadtbereich gepflanzt werden – zusätzlich zu den ohnehin vorgesehenen 300-400 Pflanzungen in Grünanlagen. Mit dieser Initiative soll die zunehmend belastende Hitzesituation in der dichten Stadt entschärft und damit die Lebensqualität der Bewohner*innen nachhaltig verbessert werden. Nachhaltig nicht nur weil Baumpflanzungen per se eine ökologisch sinnvolle und im Klimawandel langfristig gute Entscheidung sind. Nachhaltig auch, weil man sich in Linz für eine besonders Klimawandel-taugliche Methode der Gehölzpflanzung entschieden hat, nämlich für das mittlerweile gut erprobte Schwammstadt-Prinzip für Stadtbäume.
Jedes Jahr 100 neue Bäume im dicht bebauten Stadtgebiet, dafür braucht es einen entsprechenden politischen Willen. Und den scheint es in Linz zu geben: „Mit der Linzer Baumpflanzoffensive wollen wir einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz für die nächsten Generationen leisten und die richtigen und wichtigen Anpassungsmaßnahmen in der städtischen Klimaentwicklung setzen“, begründet der Linzer Bürgermeister Klaus Luger den wichtigen Beschluss des Gemeinderates. Und dafür ist man auch bereit aus der abstrakten Masterplanebene heraus, die notwendigen konkreten Schritte zu setzten. Den Auftakt der Baumpflanzoffensive macht ein Projekt, bei dem ein Straßenzug mit rund 50 großkronigen und langlebigen Bäumen bepflanzt wird. So sollen in der Linzer Kroatengasse verteilt auf einer Länge von 340 Metern und einer Fläche von 4.700 Quadratmetern eine Platane (großkronig), 21 Ulmen (mittelkronig) sowie 28 Feldahorne (kleinkronig) Platz finden. Auch begrünte Parkplätze sowie Unterpflanzungen der Bäume mit Blütenstauden werden den Straßenzug künftig grüner und damit auch nachhaltig kühler machen. So wird der Beschattungsgrad von aktuell 0,5 Prozent auf 35 Prozent erhöht. Lediglich 20 Parkplätze werden dank professioneller Planung gegen diesen erheblichen Mehrwert an Lebensqualität eingetauscht, das lässt sich auch von betroffenen Anrainer*innen verkraften, so hofft man. Die Kostenschätzung für den Umbau beläuft sich auf 750.000 Euro, wobei nur rund 15% davon in die Anschaffung der Bäume fließt. Der überwiegende Teil ist eine “Investition in die Zukunft”, so der für Stadtnatur und Lebensqualität zuständige Vizebürgermeister Bernhard Baier. Denn bei dem Vorhaben hat man sich für die Pflanzung der Bäume nach dem Schwammstadt-Prinzip entschlossen. Bei diesem Verfahren werden rund 36m3 unterirdischer Straßenraum für jeden Baum “frei gemacht” und durch Einbringung eines entsprechenden Füllmaterials aufbereitet. Das soll gewährleisten, dass sich die Pflanzen optimal entwickeln und bereits nach 10 bis 15 Jahren ihre volle Klimafunktion leisten können. Denn das Schwammstadt-Prinzip ermöglicht dem Baum nicht nur seine Wurzeln zu entfalten, sondern auch Regenwasser zu speichern. Das wiederum wirkt sich positiv auf Wachstum und Lebensdauer des Baumes aus und auf die Ausbildung großer, schattenspendender Kronen.
Die dafür notwendigen straßenbaulichen Maßnahmen kosten, doch – und da wären wir wieder bei der Nachhaltigkeit – man erwartet eine rasche Amortisierung der Ausgaben. Denn die klimawirksamen Bäume werden in ihrer unmittelbaren Umgebung schon bald die klimawandelbedingt steigenden Temperaturen in den Sommermonaten reduzieren und eine natürliche Kühlung bewirken. Somit wird die Überhitzung in den Straßen und die daraus resultierenden negativen – und volkswirtschaftlich beträchtlichen – Auswirkungen auf die Bürger*innen verringert. „Bäume sind natürliche Klimaanlagen. Ein großkroniger Baum kühlt so stark wie 15 Klimaanlagen. Durch Sauerstoff, Schatten und die Filterung von Feinstaub wird sich die Lebensqualität der Anwohnerinnen und Anwohner deutlich erhöhen“, ist sich Baier sicher. Und das rechnet sich für Kommunen.
Bisher nicht umsetzbar
Mit der Linzer Baumpflanzungsoffensive wurde erstmals in Österreich auf übergeordneter, strategischer Ebene ein Masterplan ausgearbeitet, der das volle Baumpotenzial im Stadtzentrum planerisch erfasst. Durch die neue Bautechnik der Schwammstadt sind Baumstandorte möglich, die bisher als technisch nicht umsetzbar galten. “Durch den baulich erweiterten Wurzelraum können sich Bäume besser entfalten und wieder entsprechende Kronen ausbilden. Regenwasser kann im Straßenbereich versickern und die Baumwurzel versorgen”, erklärt Daniel Zimmermann, vom planungszuständigen Büro 3:0 Landschaftsarchitektur. Bei der Gehölzauswahl wird zudem auf zukunftsweisende Baumarten, Biodiversität sowie ausreichend Abstand zur Fassade geachtet ergänzt Zimmermann.
Das Schwammstadt-Prinzip
Das Schwammstadt-Prinzip versorgt die Baumwurzeln mit ausreichend Regenwasser, bei geringstmöglichen Verkehrsflächenbedarf. Der Wurzelraum unter den Straßen, Parkplätzen und Gehwegen wird erweitert. Dadurch kann Regenwasser länger gespeichert und zurückgehalten werden und steht den Bäumen länger zur Verfügung. Gleichzeitig werden Überflutungen bei Starkregenereignissen abgeschwächt oder verhindert. Dafür wird unterhalb der befestigten Oberflächen im Straßenraum eine Schicht aus grobkörnigem Schotter sowie feineren, wasserspeichernden Materialien, etwa Sand und Kompost, angelegt. Die Bäume stehen wie üblich in ihren Baumscheiben, haben aber direkten Kontakt zu den Schotter-Schichten und können diese durchwurzeln. Auch das Regenwasser kann direkt in die Baumscheibe oder über Einlaufschächte und Drainageeinrichtungen in die Schotterschicht ablaufen. Es steht dem Baum somit in ausreichender Menge und über einen entsprechend längeren Zeitraum zur Verfügung.
Titelbild: (c) 3:0 Landschaftsarchitektur